Transdisziplinäres Denken ist eine der Kernkompetenzen für das Internet der Dienstleistungen somit auch für Industrie 4.0

Vor Kurzem las ich in der Studie Die Zukunft Der vernetzten Gesellschaft vom GDI Gottlieb Duttweiler Institute Zürich folgende Zeilen:

»Software is eating the world» sagte Marc Andreessen (einst Mitbegründer von Netscape, heute Venture-Capitalist) 2011 in einem inzwischen legendär gewordenen Beitrag für das Wall Street Journal.

Die Digitalisierung werde alle Branchen transformieren und die Gesellschaft mindestens so massiv verändern, wie die Industrialisierung vor 200 Jahren. So wie der Buchhandel, die Reisebranche und Musikindustrie in den letzten Jahrzehnten umgewälzt wurden, werde sich auch jede andere Branche vom Agribusiness über die Bildung bis zur Medizin radikal verändern. Egal ob Anwaltskanzlei, Finanzdienstleister, Schule, Zahnarzt oder Autowerkstatt, die Verarbeitung von Daten und das Management von Informationen werde zum Kern jedes Geschäfts.

Das gilt sogar für so handfeste und undigitale Branchen wie die Müllabfuhr und die Landwirtschaft.

Selbststeuernde Müllabfuhrfahrzeuge könnten mit smarten Müllcontainern kommunizieren und autonom ihre Route optimieren, um die vollen Container zu leeren, den Müll automatisch sortieren und den entsprechenden Recyclinganlagen zuführen.

Und Monsanto hat im Jahr 2013 die Firma Climate Corporation gekauft, die am Thema «Precision Agriculture» arbeitet und die Landwirtschaft zur reinen Datenanalyse macht. Es gibt über 40 Parameter, die optimiert werden, wie Daten der Bodenqualität – Typus, Nitrogen-Gehalt und den damit notwendigen Düngemitteleinsatz – kombiniert mit dem Pflanzenwachstum, Sonneneinstrahlung, Wettervorhersage usw. ....

.... Die Felder werden von selbststeuernden Maschinen bewirtschaftet, die Ernte von Robotern verarbeitet. Am Ende dieser Entwicklung steht die vollautomatisierte Lebensmittelproduktion.«

Smart Factory ist hier für die Lebensmittelproduktion verantwortlich. Die weiteren fünf Smart Komponenten in meinem Lieblingsbild kommen in der Industrie 4.0 Land-wirt-schaft ebenfalls vor. Durch Smart Farmer, Smart Mill, Smart Silo könnten wir die Anzahl von Smart Systems weiter erhöhen.

Was aber hier fundemental wichtig ist, dass die Fachleute -zumindest ein Teil davon- transdisziplinär denken müssen, um diese Industrie 4.0 Land-wirt-schaft gestalten zu können. "Ich Bauer, ich verstehen nur vom Acker!" gilt nicht mehr. Ebenfalls gilt hier das, was uns manche Fertigungsautomatisierungsexperten verkaufen, auch nicht mehr: "Der technologische Fortschritt in der Fertigungsautomatisierung ist Industrie 4.0" - Nix da, sagt der Bauer Heinrich.

Wenn wir uns über die Umwälzungen in der Arbeitsorganisation Gedanken machen möchten, müssen wir die gesamte Industrie 4.0 Land-wirt-schaft mit allen Verbindungen und Wechselwirkungen in Form eines Stakeholder-Netzwerkes vor uns am Bildschirm sehen.

Heute findet die Landwirtschaft zusehends grenzübergreifend statt. Das führt dazu, dass die transkulturelle Kompetenz die Basis vom transdisziplinären Denken bilden muss.

  Industrie 4.0 beschreibt aus der Sicht der Gesellschaft die Digitalisierung in allen Facetten und nicht nur das, was in der Produktion zu automatisieren ist.

  Industrie 4.0 beschreibt aus der Sicht der Wirtschaft das Internet der Dienstleistungen. Im Internet of Services verschmilzt die Produktion mit den servicebezogenen Leistungen.

Wer neue wettbewerbsfähige Geschäftsmodelle entwickeln will, muss diese Sichtweisen verstanden haben.

Wie die Politik die Industrie 4.0 Land-wirt-schaft interpretiert, um die volkswirtschaftlichen Aspekte mit der Industrie 4.0 zu verbinden, können Sie im Beschluss der Bundestagsfraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN » ZUKUNFTSWERKSTATT GRÜN (Seite 7 von ings. 8 ; Januar 2015) lesen:

DIE GRÜNE TRANSFORMATION DER WIRTSCHAFT

»Die Art und Weise, wie wir produzieren, ist nicht nachhaltig. Sie ist sozial ungerecht und mit den Grenzen des Planeten nicht vereinbar. Wir müssen gerade die industriellen Kernbereiche in Deutschland ökologisch umbauen. Die Digitalisierung unserer Wirtschaft (Industrie 4.0) wollen wir für eine energieeffiziente und ressourcenschonende Produktion gestalten und die Risiken und Herausforderungen sozial absichern und arbeitsrechtlich flankieren. Digitalisierung, ökologische Transformation und soziale Gerechtigkeit können und müssen Hand in Hand gehen.

Die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und damit die Schaffung neuer guter Jobs hängt davon ab, wie wir unsere Stärken in den Schlüsselindustrien Fahrzeugbau, Chemie, Maschinenbau und Energie mit der Innovationskraft der neuen Technologien und der Kreativwirtschaft verbinden können und ob wir damit eine Wende zu einer ressourcenschonenden, solidarischen und dezentral organisierten Wirtschaftsstruktur schaffen werden.

Ohne einen grundlegenden Umbau werden wir zentrale ökologische aber auch soziale Fragen nicht beantworten können. Weltweit wächst die Einsicht in die Notwendigkeit des Umbaus. Wenn wir jetzt die grüne Transformation zu einer emissionsarmen und ressourcensparenden Wirtschaftsweise organisieren, investieren wir damit insgesamt in die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft. Dafür sind wir auf das Know-How in den Unternehmen angewiesen, sowohl der UnternehmerInnen als auch der Beschäftigten. Ziel unserer Politik ist es, im Dialog mit den Unternehmen nach guten Lösungen zu suchen, und Regeln für den Wettbewerb um die beste ökologische und soziale Lösung vorzugeben. Das wird aufgrund verschiedener Interessen und Interessengegensätze nicht einfach sein. Wir setzen deshalb auf Dialog und Austausch mit Unternehmen, Verbänden, Gewerkschaften und Betriebsräten in einer Reihe von Branchengesprächen.

- Wir wollen Instrumentarien entwickeln, die Innovationen und neue Technologien der Privatwirtschaft anreizen und fördern, die zur Lösung der sozialen und ökologischen Fragen beitragen. Gleichzeitig werden wir einen ordnungspolitischen Rahmen dort setzen, wo einzelne Unternehmen und Branchen aus kurzfristigen, nicht nachhaltigen Interessen diesen Umbau gefährden.

- Wir legen einen Rahmen für eine nachhaltige Chemieindustrie vor.

- Wir werfen den Turbo für die E-Mobilität an und helfen dabei, das Land der Autobauer zum Land der klügsten Mobilitätsdienstleister zu machen.

- Wir zeigen auf, wie die digitale Gesellschaft durch IT nachhaltiger wird.

- Wir setzen auf Cradle-to-cradle-Konzepte, die Kaskadennutzung der eingesetzten Rohstoffe sowie eine echten Kreislaufwirtschaft, damit aus annähernd jedem Abfall neuer Rohstoff wird.

- Wir fördern die Sharing Economy und andere junge, nachhaltige Ideen. Start Ups wollen wir befähigen neue Geschäftsmodelle in den Markt zu bringen, die sich an Wohlstand jenseits reiner Renditemaximierung orientieren.  

Der ökologische Umbau unserer Wirtschaft verlangt es auch, über unsere Ziele und über Kriterien für den Erfolg unserer Wirtschaft jenseits des Bruttoinlandsproduktes nachzudenken. Wir führen die Diskussionen der Enquete-Kommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität" fort und legen unseren Vorschlag für einen Jahreswohlstandsbericht vor.

Wir definieren neue Kriterien für wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolg.

Unser Ziel ist Wirtschaften für mehr Lebensqualität.«

Wir warten gespannt ab, wie die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN die beschriebenen Transformationsthemen detaillieren werden.