Lorenzo (7 Jahre alt) zu Papa:

- Was ist ein Mensch mit Mikrofonhintergrund?

Papa:

- Vielleicht ein Mensch, der vor einem Mikrofon posiert?!!!

Lorenzo:

- Nein nein, er steht nicht vor einem Mikrofon. Er stammt aus einem anderen Land.

Papa:

- Ach so. Du meinst mit Migrationshintergrund.

Lorenzo:

- Ja.  

 

PS: Lorenzo hat deutsch & kolumbianisch & niederländisch & türkischen familiären Hintergrund, ist geborener Münchener.

Er ist jedoch nix Multikulti!

 

 

Die Kulturen haben de facto nicht mehr die unterstellte Form der Homogenität und Separiertheit.

Von Prof. Dr. Wolfgang Welsch

 

Das Konzept der Multikulturalität greift die Probleme des Zusammenlebens verschiedener Kulturen innerhalb einer Gesellschaft auf. Es geht von der Existenz klar unterschiedener, in sich homogener Kulturen aus, nur jetzt innerhalb ein und derselben staatlichen Gemeinschaft.

Das Multikulturalitätskonzept sucht dann nach Chancen der Toleranz, Verständigung, Akzeptanz und Konflikvermeidung oder Konflikttherapie. Das ist ebenso löblich wie die Bemühungen um Interkulturalität, aber ebenso ineffizient, denn vom alten Kulturverständnis aus läßt sich allenfalls ein Stillhalten auf Zeit erreichen, nicht aber eine wirkliche Verständigung zwischen den kulturell heterogenen Gruppen oder eine Überschreitung der separierenden Schranken konzipieren.

Das Multikulturalitätskonzept hat jedoch die Hinnahme solcher Schranken geradezu zur Basis. Daher kann es auch zur Rechtfertigung und verstärkten Berufung auf solche Schranken dienen. Das Konzept ist zwar gegenüber konservativen Forderungen nach gesellschaftlicher Homogenität progressiv, in seinem Kulturverständnis aber ist es traditionell und droht, regressiven Tendenzen Vorschub zu leisten. Sie führen unter Berufung auf kulturelle Identität zu Gettoisierung und Kulturfundamentalismus und sind vordem Übergang in den politischen Fundamentalismus nicht gefeit.

Die Kritik am traditionellen Konzept der Einzelkulturen sowie an den neueren Konzepten der Interkulturalität und der Multikulturalität läßt sich folgendermaßen resümieren: Wenn die Kulturen tatsächlich noch immer, wie diese Konzepte unterstellen, inselartig und kugelhaft verfaßt wären, dann könnte man das Problem ihrer Koexistenz und Kooperation weder loswerden noch lösen. Nur ist die Beschreibung der Kulturen als Kugeln bzw. Inseln heute deskriptiv falsch und normativ irreführend. Die Kulturen haben de facto nicht mehr die unterstellte Form der Homogenität und Separiertheit.

Wer Leadership Kompetenzen für globale Geschäfte erschließen möchte, muss seine lokale Multikulti-Romantik ablegen.