Auf dem sicheren Weg zum Industrie 4.0 Losership

industrie 4.0 losership

© Prof. Dr. Fehmi Alagün

»Industrie 4.0 bringt Chancen und Risiken«, nein, meine Damen und Herren »Industrie 4.0 bringt Chancen und Gefahren« oder »Industrie 4.0 bringt positive Risiken und negative Risiken«. Wie die Chinesen zu sagen pflegen: »Wo Yin ist, ist dort auch Yang«

Vorsicht vor den amerikanischen Plattformbetreibern

(Computerwoche 18. Juni 2014 vom Chefredakteur Joachim Hackmann im Interview mit HENNING KAGERMANN, ACATECH)

CW:

»Die Plattformen sind heute amerikanisch dominiert.«

Kagermann:

»Das ist eine Sorge, die relevant wird, wenn man das Thema Industrie 4.0 zu Smart Services weiterführt, wenn sich also das Geschäftsmodell mehr und mehr zu Dienstleistungen verlagert.

In einer Industrie 4.0 ist der Hardware-Markt durch deutsche Anbieter gut besetzt, denn hier werden die Maschinen gefertigt.

Die Software, mit der diese Maschinen intelligent werden, entsteht in den Labors von Unternehmen wie Bosch und Siemens.

Wenn sich aber zwischen diese Polen Intermediäre setzen, die auf der Dienstleistungsebene den Konsumenten versorgen, weil sie die Daten und den Kundenzugang haben, dann kann ein guter Hersteller oder OEM zu einem Lieferanten degradiert werden.

Er verliert den Kundenkontakt und die Möglichkeit, die Preise zu setzen, so wie es die OEM heute mit ihren Zulieferern machen.

Wer die Daten hat, hat den Kunden. Die Gefahr besteht. Leugnen hilft nichts.«

Losership

Losership ist das Gegenteil von Leadership und beschreibt Versagen sowie Verlieren statt gemeinsames Gewinnen.

Die Vorgesetzten mit Losership-Kompetenz (sie sind weder Manager noch Führungspersonen) vernichten das geistige Vermögen des Unternehmens. Läßt das Unternehmensmanagement es zu, erlebt es irgendwannmal ein blaues Wunder. 

Die Experten und Wissenschaftler mit der Losership-Kompetenz arbeiten am volkswirtschaftlichen blauen Wunder. 

Beispiele für Losership-Kategorien:

aalglattes Management

haltungsfreies Management

operativ hektisches Management

einfühlungsfreies Management

Wadenbeißerförderndes-Management

Business-Stupefaction-Management

Business Stupefaction

Mit Business Stupefaction beschreibe ich die kollektive Verblödung von sozialen Organisationen wie Unternehmen, Teams, Projektteams etc...

Bleibt in einer Organisation, z.B. in einem Team, der Widerstand der Argumente aus, dann hält der Vorgesetzte alle seine Entscheidungen für richtig. Mit der Zeit verblödet seine Organisation unabhängig von der fachlichen und sozialen Kompetenz seiner Mitarbeiter.

Vorgesetzte, die ihre Mitarbeiter loszuwerden versuchen, weil diese nicht immer "ja" sagen, schaden selbst ihrem Arbeitgeber (→ Losership).

In tayloristischen Zeiten konnten die durch dieses Denkmuster verursachten Schäden zum Teil behoben werden. In dynamischen globalen Märkten ist es überlebenswichtig, dass Vorgesetzte die aufmüpfigen Argumente ihrer Mitarbeiter bewußt in Gebrauch nehmen (→ Leadership): Die Kinder wachsen am Widerstand ihrer Eltern und ihre Eltern wachsen am Widerstand ihrer Kinder.

Auch wenn ein Unternehmen hochmoderne Big Data Tools einsetzt, kann es von Big Business Stupefaction heimgesucht werden. 


Im gleichen Interview der Computerwoche 18. Juni 2014: 

CW:

»Die Rahmenbedingungen von Industrie 4.0 werden stark von Verbänden und Herstellern vorangetrieben. Sind Firmen eingebunden, die eigene Industrie-4.0-Produktionsanlagen betreiben?«

Kagermann:

»Ja, und die ersten Fabriken sind schon in Betrieb, etwa bei Wittenstein, einem mittelständischen Hersteller von hochpräzisen Antrieben und Getrieben. Wittenstein hat damit eine nachhaltige Fabrik gebaut, in der der Verbrauch von Energie und Ressourcen deutlich reduziert werden konnten.

Die Entwicklung wird zweigleisig verlaufen:

Einige Anwender werden neue Fabriken aufbauen (die Frage: wo?), andere werden neue Anwendungsfälle in vorhandene Installationen integrieren.

Letzterer Fall hält besondere Herausforderungen in der Migration und in der Sicherheit bereit, die gelöst werden müssen. Hier streben die Unternehmen häufig eine verbesserte Wartung der Maschinen an, die aufgrund der Analyse der Maschinendaten vorausschauend erfolgen und damit die Standzeiten reduzieren kann.

Man kann die Daten aus einer vernetzten Fertigung auch für ein besseres Energie-Management verwenden, um etwa eine effiziente Start-Stopp-Automatik in der Produktion einzuführen, wie wir es von Autos kennen. In der Logistik lässt sich durch den RFID-Einsatz die Zahl der Paletten und Fehlerquellen reduzieren.

Es gibt Erhebungen, wonach die konsequente Nutzung von RFID in der Retail-Branche die vorhandenen Ressourcen so entlasten kann, dass acht Milliarden Euro Mehrumsatz pro Jahr möglich sind.« 


Auch ohne die Industrie 4.0 hätten wir diese Entwicklung.

Industrie 4.0 schafft kein unvorhersehbares Umfeld. Das Umfeld fordert neue Rahmenbedingungen für die Industrie. Wie die Lösungen heute gesucht werden, führt Albert Einstein dazu, dass er sich im Grabe dreht.